von Prof. Mag. Peter Mallat

Oft hört man den Begriff „orthodox“ in verschiedenen Zusammenhängen, so gibt es „orthodoxe Juden“, man verhält sich „unorthodox“ da sind auch noch „Orthodoxe Serben, Russen, Griechen, Rumänen ua.

Zuerst einmal muss ich klären was orthodox bedeutet: der Begriff kommt aus dem griechischen und lässt sich mit richtig verehrend übersetzen – im weiteren Sinn auch mit rechtgläubig oder strenggläubig. Die eigentliche Bedeutung ist aber richtig verehrend. Wendet man den Begriff orthodox auch auf andere Religionen an, dann wird er eher mit strenggläubig übersetzt.  

Wie steht es da jetzt mit den orthodoxen Christen? Viele meinen, da gibt es ja etliche verschiedene orthodoxe Kirchen, griechische, russische, rumänische, georgische, bulgarische, serbische usw. Aber halt: all die Kirchen sind ein Teil einer einzigen orthodoxen Kirche, die eine Einheit in der Glaubenslehre bilden. Sie unterscheiden sich nur in der Tradition, im Sprachgebrauch (daher oft auch als Landeskirchen bezeichnet) oder in sonstigen Kleinigkeiten.

Und was bedeutet dann Ostkirche und Westkirche? Mit Ostkirche ist eigentlich die orthodoxe Kirche gemeint und mit Westkirche die römisch-katholische Kirche. Das geht zurück ins Altertum und Mittelalter. Im 4. Jahrhundert wurde das riesige römische Reich geteilt, grob gesagt in ein westliches Reich mit der Hauptstadt Rom und in ein östliches mit der Hauptstadt Neues Rom, bald Konstantinopel genannt, um auf die Gründung durch Kaiser Konstantin zu verweisen, der auch als erster christlicher Kaiser verehrt wird. Somit gab es 2 Hauptstädte des Christentums in Europa: Rom und Konstantinopel (heute Istanbul), d.h. es gab 2 christliche Zentren, das westliche lateinisch-römisch geprägt und das östliche griechisch.

Wäre alles sehr gut, wenn nicht des öfteren Streitereien entstanden, oft aus politischen Gründen, aber leider auch aus religiösen. Dazu kam auch, dass die altehrwürdigen Kirchen „Patriarchate“ genannt wurden, so gab es fünf:

Jerusalem, Antiochia, Alexandria, Konstantinopel und Rom. Diese existieren auch heute noch: der römische Papst ist eigentlich der Patriarch der Westkirche (es hatte diesen Titel auch bis vor wenigen Jahrzehnten noch), dann die Patriarchate von Jerusalem, Antiochia (heute Antakya in der Türkei), Alexandria in Ägypten und eben Konstantinopel der Hauptstadt des oströmischen Reiches. Das ging so halbwegs bis ins Jahre 1054 als sich die Ostkirche und Westkirche offiziell trennten – aus eigentlich eher meist unwichtigen Gründen. Die richtige Trennung war dann der 4. Kreuzzug im Jahre 1204, als die christlichen Kreuzfahrer die Stadt Konstantinopel eroberten, plünderten, ein Blutbad anrichteten und ein lateinisches Kaiserreich errichteten. Viele Kirchen wurden dabei zerstört und der griechische Klerus durch einen lateinischen ersetzt. Also Christen töteten Christen (das passierte ja oftmals, auch heute noch!).

Obwohl es noch einige Versuche der Einigung gab, so blieb es doch bei der Trennung. Schließlich fiel Konstantinopel, das inzwischen wieder oströmisch (wir nennen es heute auch byzantinisch) geworden war im Jahre 1453 an die osmanischen Türken. Am 29. Mai 1453 erstürmten die Osmanen die Stadt Konstantinopel und errichteten ein islamisches Sultanat in der neuen ehemals christlichen Hauptstadt, die später Istanbul genannt wurde, was eigentlich griechischen Ursprungs ist und sich von „is tin pollin“ (in die Stadt) ableitete.

Damit fielen letztlich alle 4 alten Patriarchate des Ostens und ihre Christen unter islamische Herrschaft. Dies hatte schon im 7.Jahrhundert begonnen.

Die Ostkirche war damit isoliert, großteils unterdrückt und verfolgt und konnte sich nur mühsam behaupten.

Die heutigen Staaten Osteuropas mit christlicher Mehrheit, wie Griechenland, Rumänien, Bulgarien, das ehemalige Jugoslawien usw. waren alle einst osmanisches Gebiet.

Zurück zum Begriff „orthodox:“  Man versteht darunter jene Kirchen, die von Rom getrennt sind, d. h. von der römisch-katholischen Kirche. Katholisch bedeutet allgemein. Römisch auf Rom bezogen, die Katholiken sind keine Römer, die katholische Kirche setzt sich auch aus vielen Kirchen mit eigener Sprache zusammen. So sind die Polen „römisch katholisch, aber keine Römer im strengen Sinn“.

Ein orthodoxer Christ kann alle orthodoxen Kirchen besuchen, an den Liturgien teilnehmen, die Sakramente („Mysterien“) empfangen, egal, ob er Bulgare, Serbe , Grieche usw. ist. Dies gilt natürlich auch für viele Österreicher ohne Migrationshintergrund, die orthodox wurden. Die richtigere Bezeichnung für die orthodoxen Christen wäre meiner Meinung nach einfach „Christlich orthodox“.