Die sogenannte „Große Wasserweihe“ gilt orthodoxen Christinnen und Christen als Segnung der gesamten Natur, theologisch gesprochen der „Schöpfung“. Am vergangenen Wochenende wurde dieser alte Ritus im burgenländischen St. Andrä am Zicksee durch Metropolit Arsenios von Austria vollzogen. Arsenios Kardamakis, das Oberhaupt der griechisch-orthodoxen Kirche und der Vorsitzende der gesamtorthodoxen Bischofskonferenz von Österreich, hat das in Anwesenheit des katholischen Diözesanbischofs von Eisenstadt, Ägidius Zsifkovics, getan. Ein Zeichen der Ökumene, dem Streben nach Einheit im Christentum. Und so ein Zeichen soll auch das griechisch-orthodoxe Kloster sein, das in dem Tourismusort nach langem Hin und Her doch gebaut werden soll. Maria Harmer war für uns bei der Wasserweihe in St. Andrä am Zicksee dabei.

Der für den Seewinkel typische Wind bläst über die Wasserfläche. Es ist ein trüber Wintertag. Drei Farbtupfer stechen in der grauen Landschaft und unter den schwarz gekleideten orthodoxen Geistlichen am Seeufer ins Auge: der rote Teppich, der zur Feier des Tages auf das kiesige Ufer gelegt wurde und die violette Kopfbedeckung von Bischof Zsifkovics sowie seine gleichfarbige Schärpe.

[Originalton Abt Paisios beim Gebet am Zicksee:]„So spricht der Herr: `Ihr werdet Wasserschöpfen voll Freude aus den Quellen des Heils…´“

Zahlreiche Menschen haben sich für die „Große Wasserweihe“ am Ufer des kleinen, natronhaltigen Steppensees im Burgenland eingefunden. 2007 begründete der damalige Metropolit der griechisch-orthodoxen Kirche, Michael Staikos, diese Tradition in Österreich, die sich in der Spätantike und im Mittelalter von Jerusalem aus über Konstantinopel – das heutige Istanbul – bis nach Osteuropa ausgebreitet hatte.

[Originalton Metropolit Arsenios beim Gebet am Zicksee in griechischer Sprache]

Diese traditionelle Feier wird rund um einen der wichtigsten Feiertage der orthodoxen Kirche, zum Gedenken an die Taufe Jesu im Jordan, zu Epiphanie – am Tag der Erscheinung des Herrn – am 6. Jänner gefeiert.

[Originalton Mönchsdiakon Bartholomäos beim Gebet am Zicksee:] „[…] dass geheiligt werde dieses Wasser durch die Herabkunft und die Kraft und das Wirken des Heiligen Geistes.“

Am Höhepunkt des von Psalmen, Bibellesung und Gebet getragenen Wortgottesdienstes wirft der Metropolit ein Kreuz dreimal ins Wasser. Zahlreiche winterlich warm angezogene Menschen stehen direkt am See oder schauen aus einiger Entfernung zu.

[Originalton Zuseherin:]Das ist nicht nur ein besonders schöner Ritus, das ist eigentlich ein Erlebnis möchte ich sagen, ein besonderes Erlebnis!“

[Originalton Zuseherin:]„Etwas sehr verinnerlichendes, überhaupt wenn man bedenkt – wie die Orthodoxen sagen – eine Weihe und eine Segnung der Schöpfung. Und das hat ganz intensiv mit uns selber zu tun.“

[Originalton Pfr. a. D. KR Mathias Reiner:]„Ja, richtig, richtig!..Jaja, eine einmalige Sache! Und ich muss sagen, ich habe das auf Zypern erlebt mit einem riesengroßen Kreuz am Strand und das war heute sehr eindrucksvoll, aber dort natürlich original noch mehr.“

Egal ob in Griechen- oder im Burgenland: durch das Kreuz und das Segensgebet sollen der See und alle Gewässer, der ganze Ort und die Anwesenden gesegnet werden, erklärt im Anschluss an die Feier Metropolit Arsenios Kardamakis.

[Originalton Metropolit Arsenios:]„Gott hat die Natur, das Wasser geheiligt. Er hat unser Leben geheiligt und das feiern wir.“

Nicht überall ist das Kreuz aus demselben Material gemacht. Und auch darüber hinaus gibt es lokale Unterschiede, sagt der griechisch-orthodoxe Metropolit von Austria und Exarch von Ungarn und Mitteleuropa.

[Originalton Metropolit Arsenios:]„Die Tradition verlangt, dass ein Kreuz ins Wasser geworfen wird, egal ob es ein metallenes oder goldenes oder silbernes oder ein Kreuz aus Holz [ist]. Und in Griechenland ist es Tradition, dass ins Wasser Leute springen, um das Kreuz zurück zu holen. Weil niemand gesprungen ist, haben wir das Kreuz selber zurück geholt. An einer Schnur.“

[Originalton Abt Paisios beim Gebet in griechischer Sprache]

Durch die Wasserweihe soll auch der Einsatz der Christen für die Bewahrung der Schöpfung zum Ausdruck gebracht werden, meint Metropolit Arsenios Kardamakis, und erinnert daran, dass der ökumenische Patriarch von Konstantinopel Bartholomäos I. aufgrund seines Engagements für die Ökologie auch der „grüne Patriarch“ genannt wird.

Im Jahr 2014 kam Patriarch Bartholomäos nach St. Andrä am Zicksee, den hier soll das erste griechisch-orthodoxe Kloster in Österreich gebaut werden. Im Vorfeld hatte die Diözese Eisenstadt ein Grundstück zur Verfügung gestellt. Eine Bürgerbefragung wurde durchgeführt, die positiv ausfiel. Daraufhin wurde im Gemeinderat einstimmig die notwendige Umwidmung des Grundstückes beschlossen. In den Folgemonaten wurde das Projekt in 16 Instanzen geprüft und positiv beschieden, u. a. vom Welterbebeirat und der Abteilung Natur- und Landschaftsschutz der burgenländischen Landesregierung. Papst Franziskus und Patriarch Bartholomäos hatten diesem besonderen ökumenischen Projekt ihren Segen gegeben. Doch es gab und gibt auch Gegner des Projektes, insbesondere des Standortes. Sie erhoben Einspruch und erwirkten eine Volksabstimmung. Doch bereits vor dem Tag der Volksabstimmung stoppte der Metropolit das gesamte Projekt. Nach den Gemeinderatswahlen kam es zu einem Bürgermeisterwechsel und nun soll das griechisch-orthodoxe Kloster doch gebaut werden.

[Originalton Zuseherin:]„Ja, ich bin sehr glücklich, dass das durchgekommen ist. Drei Jahre habe ich gezittert, jetzt wird gebaut. Jetzt können wir jeden Tag rein gehen [und] dreimal beten, wenn wir wollen!“

[Originalton Zuseher:]„Ich meine, ich finde das sehr gut. Es ist ein normaler Glaube und hat aber sehr viel auch mit den Katholischen [zu tun]. Ich habe einmal gefragt einen Pater, der hat gesagt, an wen er glaubt. Er hat gesagt: `An Gott!´. Es gibt nur einen Gott. Ich meine – ich bin evangelisch, meine Frau ist katholisch – aber trotzdem: man kann auch miteinander leben. Und ich sehe nicht ein, warum man da irgendwo Gehässigkeiten oder irgendwas erfinden soll.“

[Originalton Zuseherin:]„Ja, mich freut es, weil für alle ist der Segen da.“

[Originalton Zuseherin:]„Und sehr nett sind sie und freundlich und wir freuen uns, dass aus den Kloster jetzt was wird.“

Bereits seit knapp 2 Jahren leben und arbeiten griechisch-orthodoxe Mönche in einem angekauften Haus in der Nähe des Bahnhofes. Der aus Deutschland stammende Paisios Jung wurde zum Abt des Klosters Maria Schutz bestimmt. Eine orthodoxe Zeremonie in Beisein eines katholischen Bischofs ist auch für ihn etwas besonderes, sagt er, und lacht in seinen langen Bart [Originalton Abt Paisios]:„Ja, denn zuhause bei uns gibt es wenige katholische Bischöfe. Ich bin von Chalkidiki – der nächste [katholische Bischof] ist in Athen, also das sind schon 700 Kilometer. Hier natürlich für uns gerade in St. Andrä ist es von besonderer Bedeutung und Freude, da ja in der Tat unser Kloster auch als ein ökumenisches Projekt betrachtet wird, im Sinne das beide Glaubensgemeinschaften/Kirchen mithelfen, und ich finde da ist auch dieser Segen hier direkt vor Ort, wenn es beide Bischöfe vollziehen, auch was ganz besonderes.“

Der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics hat das Klosterprojekt immer unterstützt und erinnert an den Auftrag von Papst Franziskus [Originalton Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics]:„[…] dass wir als Diözese – als `Martinsdiözese´ – den Bezug, die Brücke zum Osten hin auch halten sollen und der wäre damit natürlich sehr gegeben, dass unser Europa wieder mit zwei Lungenflügeln gut atmen kann, wenn wir da einen Beitrag, einen konkreten leisten könnten.“

[Originalton Projektchor St. Andrä am Zicksee mit dem Kanon: „Lobet den Herrn“]

Und Gabriel Kožuch, Pfarrer im Seelsorgeraum Tadten, Andau und St. Andrä, sagt über die gemeinsame Wasserweihe und das ökumenische Klosterprojekt [Originalton Pfarrer Gabriel Kožuch]:„Es ist ein großes Zeichen für die Menschen, dass das Leben miteinander möglich ist und dass diese Religion oder dieses religiöse Zusammenleben eine Bereicherung für alle Konfessionen ist.“

Noch im Laufe dieses Jahres soll der Grundstein für das neue Kloster in St. Andrä am Zicksee gelegt werden. [Ö1/Dr. Maria Harmer]

Link zum Ö1-Radiobeitrag vom 04. Februar 2018:


Ö1 „Lebenskunst“: Die Schöpfung segnen – Die orthodoxe „Große Wasserweihe“